Ein besonderes Projekt, dass Städte, Schüler, Lehrer, Zeitzeugen und Engagierte verband!
Die Partnerschaft für Demokratie der Welterbestadt Quedlinburg fördert Projekte gegen Antisemitismus, Rassismus und rassistische Diskriminierung. Das historische, politisch-bildende Theaterstück vom Schicksal von Juden in Paris 1942 und der persönlichen Geschichte des Überlebenden, Bernard Nusbaum, erreichte eine breite Öffentlichkeit in der Region und darüber hinaus.
Die Schüler des Oberstufenkurses Französisch des GutsMuths Gymnasiums Quedlinburg berührte das Schicksal des jüdischen Jungen außerordentlich und so entwickelten sie mit Unterstützung der Französischlehrerin und einer Theaterpädagogin das Theaterstück „Paris 42“.
Was am 16. Juli 1942 in Paris geschah, wurde am 29. Mai 2023, Pfingstmontag im Theater in Quedlinburg aufgeführt. Beide Vorstellungen in französischer und deutscher Sprache waren ausverkauft. Das Bühnenstück wurde durch den Chor, mit 40 Kindern des GutsMuths Gymnasiums (in hebräischer Sprache) erweitert. Zudem arbeiteten 20 Oberstufenschüler künstlerisch zu diesem Thema und präsentieren ihre Arbeiten in einer Ausstellung. Das Publikum konnte sich in einer Fotodokumentation über den Werdegang des Projektes informieren.
Der kleine Junge von damals, der jüdische Protagonist und Zeitzeuge, Bernard Nusbaum, heute 84, reiste sogar zum ersten Mal in seinem Leben nach Deutschland und kam im Anschluss an das Theaterstück mit dem Publikum ins Gespräch und ging auf Fragen ein. Zu der Geschichte ein „Gesicht“ zu haben, sorgte nochmals für einen besonderen Moment über das Theaterstück hinaus.
Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die das Grauen des Nationalsozialismus erlebt haben und darüber berichten können. Die Reaktionen der Schüler waren derart eindrückliche und nachhaltig und zeigen den immensen pädagogischen und emotionalen Wert dieses Projektes, nicht nur für Jugendliche, sondern für alle Bürger. Menschliches Miteinander und Toleranz sind die Grundpfeiler einer friedlichen Gesellschaft und werden immer wieder auf die Probe gestellt.
Zum Geschichtlichen Hintergrund: In nur einer Nacht wurden in Paris 12.884 Juden inhaftiert, 3031 Männer, 5802 Frauen und 4051 Kinder. Unter menschenunwürdigen Bedingungen hielt man die Menschen in der Radrennbahn „Vel d´Hiv“ bis zu deren Deportation nach Auschwitz gefangen. Nur 2% überlebten, keines der Kinder kam jemals zurück nach Paris. Wie durch ein Wunder konnte die junge Mutter Ida Nusbaum mit ihrem vier Jahre alten Sohn Bernhard der Hölle des „Vel d´Hiv“ entkommen.
Bernard Nusbaum spricht nur Französisch, für das deutsche Publikum wurde direkt übersetzt. Bei der französischen Aufführung waren Franzosen aus Yerres, Juvisy und fortgeschrittene Französischschüler anwesend. Dieses Projekt leistete zudem einen Beitrag zur Deutsch-Französischen Freundschaft. Auf die Frage seiner Nachbarn: „Warum er denn nach Quedlinburg fahre?“, antwortete Bernard Nussbaum: „Ich wurde von Freunden eingeladen.“
Unterstützter: Schule ohne Rassismus, Jugendform, Dachverein Reichenstraße e.V., initiative Jüdischer Friedhof und Städtepartnerschaft Quedlinburg Aulnoye-Aymeries.
Französischlehrerin Juliane Boudras und Theaterpädagogin Kerstin Dathe
Solisten: Damaris Wetterau, Aaron Spekowius, Paul Wünschies, Charlotte Brauer, Paula Schams, Max Köhne, Jette Wittchen und Hanna Köhler